1. Sie haben das Recht zu schweigen – Strafverteidiger
Sie sind verhaftet / Sie haben das Recht zu schweigen / alles, was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden.
Diese Filmphrase wird so oft wiederholt, dass es sich um ein Klischee zu handeln scheint, aber darin steckt ein tiefer Sinn. Im Juli 2018 sandte der Beauftragte für Bürgerrechte einen Brief an den Ministerpräsidenten, in dem er erneut alarmierte, dass das Recht auf Verteidigung in Polen verletzt wird. Polen hat die Richtlinie 2013/48/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs, die bis November 2016 in polnisches Recht umgesetzt werden soll, nicht umgesetzt.
Nach dieser Richtlinie sollten Verdächtige oder Beschuldigte das Recht auf einen unverzüglichen Zugang zu einem Anwalt erhalten. In jedem Fall haben Verdächtige oder Beschuldigte frühestens zu folgenden Zeiten Zugang zu einem Anwalt:
[…]
bevor sie von der Polizei oder einer anderen Strafverfolgungs- oder Justizbehörde befragt / ins Verhör genommen werden;
Vor dem ersten Verhör – im Rahmen des Rechtsgeheimnisses – sollte dem Verdächtigen das Recht garantiert werden, einen Anwalt zu konsultieren. Erst danach sollten die nächsten Verfahrensschritte folgen – und dies ist derzeit nicht der Fall.
Also once more: Filmphrase: Sie sind verhaftet / Sie haben das Recht zu schweigen / alles, was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden
bedeutet
– –
Sie wurden gerade in Haft genommen,
wenn Sie etwas sagen möchten, ist es möglicherweise besser, jetzt nichts zu sagen, da Ihre Festnahme stattgefunden hat.
Und das, was Sie jetzt sagen – und was persönlich von Vorteil zu sein scheint – kann sich als erschwerend oder vermindernd für die Glaubwürdigkeit herausstellen.
Also besser warten Sie
und
konsultieren Sie einen Anwalt, um eine Verteidigungslinie für die erste und die folgenden Verhöre vorzubereiten.
2. Polnische Realität:
Festnahme,
so bald wie möglich ohne Beteiligung eines Anwalts zu verhören,
während der ersten Vernehmung so viele Informationen wie möglich zu erhalten. Also genau dann als der Verdächtige theoretisch viel, frei und wahrheitsgemäß spricht.
Das ist aber nicht Ende – hat der Verdächtige zu wenig gesagt. Was macht die Polizei?
Die Polizei führt das ergänzende Verhör durch – klar ohne Anwesenheit des Anwalts – Manchmal sogar mehrere Vernehmungen.
Dann erfolgt die Bestellung eines Anwalts, der herausfindet, dass der Verdächtige bereits ausführliche Erklärungen abgegeben hat, weil der Verdächtige dachte, es wäre in Ordnung.
Die Vorbereitung des Verteidigungskonzepts ist die Aufgabe des Anwalts. Hier wurde jedoch diese Aufgabe unnötigerweise ernsthaft erschwert, weil das Konzept der Verteidigung jetzt auch die früheren Aussagen des Verdächtigten berücksichtigen muss.
Der Beauftragte für Bürgerrechte ruf also auf und zu diesem Aufruf schließe ich mich an:
Das erste Verhör mit einem Anwalt sollte kein unzugängliches Luxus sein, sondern eine gängige Praxis.